„Beistehend bieten wir unseren Lesern das Bild des auf seiner Rundreise
durch Europa begriffenen Königs von Siam, dessen Sohn gegenwärtig
in Kiel weilt. König Chulalongkorn ist eine schlanke, elegante Erscheinung
von mittlerer Größe, mit
sympathischem, mildem Gesichtsausdruck, schwarzem Haar und schwarzen, feurigen
Augen. Seine Kleidung besteht für gewöhnlich aus Schnallenschuhen,
Kniestrümpfen und dem aus einem langen, seidenen Tuche bestehenden
nationalen Schurz „Bennong“*; ein Jaquet nach europäischem Schnitt
vervollständigt den für einen indischen Fürsten einfachen
Anzug, da der König niemals Diamanten und Juwelen dabei trägt.
Dafür soll aber bei den zahllosen, umfangreichen Gepäckstücken,
die den König auf seiner europäischen Reise begleiten, eine ansehnliche
Anzahl Kisten sein, die mit kostbarem Geschmeide, Gold und Silbergeräth
angefüllt und als Geschenke für die Fürsten und Grafen in
Europa bestimmt sind.
König Chulalongkorn, der am 20. September 1853 geboren, im Jahre
1863 zur Regierung kam, führte in seinem Reiche mit großer Umsicht
bedeutende Reformen aus. Er hob die Sklaverei auf und änderte die
Hofetiquette, nach der bisher Jeder, der sich dem Herrscher näherte,
auf Knien und Ellbogen im Staube kriechen mußte. Unter seiner Regierung
wurden Eisenbahnen und Musterschulen gebaut, Post und Telegraphenwesen
eingerichtet, und seit 1885 gehört Siam auch dem Weltpostvereine an.
Seine Haupt- und Residenzstadt Bangkok besitzt elektrische Beleuchtung
und Wasserleitung. Aber trotz seiner Vorliebe für europäische
Kultur sucht der König die Sitten und Gebräuche seines Landes
nach Möglichkeit zu bewahren. Der Harem des Königs zählt
Hunderte von Frauen, und er ist glücklicher Vater von etwa 150 Kindern,
von denen einige in Europa erzogen werden.“